bfnu
Werner Hauenstein
Steinackerstrasse 5
CH-8957 Spreitenbach
Telefon:
Fax:
Natel:
Email:
+41 56 401 39 65
+41 56 401 19 79
+41 79 678 30 64
bfnu@bfnu.ch

Kinderstube und Winterquartier

Ordnung ist das halbe Leben

   

In unseren Gärten wird im Winter wieder aufgeräumt, gefegt, gesägt und geschnitten. Doch die von uns Menschen erdachte Ordnung ist eine andere als die, nach der sich die Natur richtet. Schauen wir uns bei einem Spaziergang durch einen "ordnungsgemäss" forstwirtschaftlich genutzten Wald genauer um, so werden wir feststellen, dass kaum abgestorbene, hohle Bäume oder abgebrochene Äste zu finden sind. Auch in den Streuobstwiesen werden häufig uralte Bäume gefällt, nur weil sie nicht mehr in unser Denkbild passen. Am schlimmsten jedoch sieht es in unseren Gärten aus. Hier muss kein Ertrag erwirtschaftet werden und trotzdem vernichten wir bewusst oder gleichgültig die Lebensgrundlage von Pflanzen und Tieren.

Doch gerade alte, morsche Bäume, Äste und Reisig, das sogenannte Totholz, stellt einen äusserst wichtigen Lebensraum für Tiere dar. Nicht nur Vögel und Insekten, auch Moose, Flechten und Pilze sind auf totes Holz angewiesen.

Im morschen, abgestorbenen Holz nisten ausgesprochene Spezialisten wie z.B. die blaue Holzbiene. Falten- und Holzwespen nagen bis zu 50 cm tiefe Gänge ins Altholz. Hier legen sie Kammern an, in denen dann die Eier abgelegt werden und sich die Larven entwickeln.

Gerade die vielen Wildbienenarten spielen bei der Befruchtung unserer Obstgehölze und Wildpflanzen eine wichtige Rolle. Bock- und Borkenkäfer sind meist die ersten Bewohner im Totholz. Auch der selten gewordene Hirschkäfer braucht totes Holz zum Leben.

   


Der Kreislauf

   

Am Lebensraum Totholz können wir auf kleinster Fläche den Kreislauf der Natur beobachten. An der obersten Stelle der Lebenskette stehen die Vögel und Kleinsäuger. Einerseits dient ihnen die grosse Zahl der im Altholz lebenden Insekten als Nahrung und damit der Sicherung ihres Nachwuchses, andererseits bietet ein toter Baum bestimmten Arten, z.B. dem Specht, dem Fliegenschnäpper sowie dem Steinkauz ideale Möglichkeiten zum Nisthöhlenbau. Den Spechten folgen als Nachmieter ihrer Höhlen oft Meisen oder Bilche wie Garten- und Siebenschläfer.

Alte Bäume mit Höhlen, Spalten und sich ablösender Rinde sind auch für viele Fledermausarten wichtige Lebensstätte. Sie bieten Sommer- und Winterquartiere. Abendsegler, Kleinabendsegler, Braune Langohren, Bechstein-, Fransen- und Wasserfledermäuse bevorzugen alte Specht- oder Fäulnishöhlen, die über dem Einflugloch einen nach oben erweiterten Innenraum haben. In diesem hängen die Tiere meist weit oben, wo sich die aufsteigende Wärme staut und widrige Witterungseinflüsse am wenigsten bemerkbar sind. Kot und Urin können nach unten fallen und füllen mit der Zeit den unteren Höhlenraum. Fledermäuse sind vor allem durch grossflächigen Lebensraumentzug bedroht.

Totholz sichert Leben. Deshalb sind alle Verantwortlichen - ob in Land- oder Forstwirtschaft oder als Gartenbesitzer - aufgefordert, Totholzinseln zu belassen und zu schützen.

   

Was jeder tun kann

   

Abgestorbene Äste und tote Bäume müssen nicht unbedingt entfernt werden. Wenn Sie einen Baum aus Sicherheitsgründen absägen müssen, so sollten Sie wenigstens einen Stumpf von etwa 2 Meter Höhe belassen oder Sie könnten das ganze Baumgerippe auf den Boden legen und es so der Verrottung überlassen. Neben Käfern und Insekten werden auch Eidechsen und Blindschleichen im morschen Holz Unterschlupf suchen.

Nicht nur alte Bäume, auch morsche Zaunpfähle und Balken, stellen wertvollen Lebensraum dar. Sie sollten an ihrem Platz bleiben. Der Zaun sollte bei Bedarf durch einen neuen Pfosten daneben ersetzt werden.

Aufgestapelte Balken und abgesägte Äste bieten Wohnraum für Würmer und Schmetterlingspuppen.

Klar: Teilweise muss ausgeastet werden. Doch sollte das anfallende Holz nicht vernichtet werden. Reisighaufen und Äste können im Garten ruhig an einer Stelle liegen gelassen werden, wo sie nicht stören. Wenn der Haufen einigermassen regengeschützt liegt, wird er gern von Igeln als Kinderstube oder Winterquartier benutzt. Auch Kröten verkriechen sich gern über den Sommer in Reisighaufen. Manchmal wird so ein Haufen aus Reisig und Heckenschnittabfällen auch von einem Mauswiesel angenommen. Äste mit Dornen oder Stacheln bieten einen zusätzlichen Schutz gegen ungebetene Eindringlinge wie z.B. Katzen, Waschbären usw.

Verfallendes Altholz ist darüber hinaus von grosser Bedeutung für alle Kleinstlebewesen. Insekten und deren Larven finden dort Nahrung und sichern durch ihr Überleben das ökologische Gleichgewicht in unseren Gärten.

   
Zum Seitenanfang